Silhouetten von Löwen am Black Rock in der Masai Mara

Natürliche Auslese

Chris Schmid

„Die meisten Menschen“, so Chris, „sehen das Gesamtbild nicht.“ Das kann natürlich für viele Dinge gelten, aber hier geht es um Tierfotografie – insbesondere um die Umwelt, Gewohnheiten und Geschichten.

„Wenn Menschen auf Safari sind, arbeiten sie die meiste Zeit, anstatt den Moment zu genießen. Sie arbeiten eine Checkliste ab, etwa „Ich möchte das, das und das sehen.“ Dann verbringen Sie fünf Minuten bei dem Löwen, versuchen, so nah wie möglich heranzukommen, machen ein Porträtfoto und gehen wieder. Dabei verpassen sie jedoch das Beste: all die Details wie die Wolken, die Landschaft, die Bäume und die Zebras. Sie verpassen das wahre Leben der Tiere, den Wettbewerb und den Kampf ums Überleben.“

Chris schlägt mit seinen Fotos einen anderen Weg ein. Er konzentriert sich darauf, die Motive als Teil ihrer Umgebung zu dokumentieren, anstatt anonyme Porträts aufzunehmen. So entstehen detailreiche Studien, in denen er zeigt, wie diese Tiere leben und sterben – die echte, wahre Wildnis. Durch diesen Ansatz ist ein Portfolio mit unglaublichen Tierfotos und Tierdokumentationen entstanden. Er sagt jedoch, dass es sehr viel Energie und Engagement erfordert, auf diese Weise zu arbeiten, denn „wenn man nicht genug Leidenschaft mitbringt, kann man nicht überleben. Man muss alles geben, um an diese Orte zu gelangen, und stundenlang beobachten.“

Chris Schmid Sony α 9 Zebras versammeln sich am Wasserloch

© Chris Schmid | Sony α9 + 24-105mm f/4 G OSS | 1/250s @ f/5.6, ISO 160

Wie ist er also als Fotograf dorthin gekommen? Für Chris begann alles mit Motiven, mit denen er sich gut auskannte und für die er eine Leidenschaft hegte. „Tatsächlich habe ich als Sportfotograf angefangen“, erzählt Chris uns. „Ich war Schwimmer, also habe ich Fotos vom Schwimmen gemacht, weil ich glaube, wenn man wirklich gute Arbeit leisten möchte, muss man kennen, was man fotografiert.“

Ich habe 2012 in London Veranstaltungen fotografiert, aber das war irgendwie nicht das Richtige für mich. Man sitzt die ganze Woche lang am selben Ort auf demselben Platz … da kann man nicht besonders kreativ sein. Anschließend bin ich nach Namibia gegangen und habe mich in die Natur und die Tiere verliebt. Ich hatte das Gefühl, das zu tun, was ich tun wollte, und einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Beim Sport steht man mit anderen Fotografen im Wettbewerb, aber mit der Tierfotografie kann man den Tieren helfen.“
Chris Schmid Sony α 7RII einsamer Gepard schaut in die Kamera

© Chris Schmid | Sony α7R II + 70-200mm f/2.8 GM OSS | 1/200s @ f/2.8, ISO 1000

Glücklicherweise, so sagt er, hat er durch seine Erfahrungen in der Sportfotografie Fähigkeiten erworben, die er nun auf die Wildtierfotografie übertragen kann. „Man muss auf jeden Fall schnell sein und den richtigen Moment abpassen. Wenn man im Sport wirklich gute Geschichten erzählen möchte, muss man wissen, was man fotografiert. Das Gleiche gilt für die Wildtierfotografie. Man muss das Verhalten der Tiere kennen. Deswegen versuche ich, so viel Zeit wie möglich mit einem bestimmten Löwenrudel oder einer bestimmten Gepardenfamilie zu verbringen. So entsteht eine Momentaufnahme ihres wahren Lebens.“

Chris sagt, dass er manchmal drei Wochen mit einer Gepardenfamilie verbringt. Das hilft ihm, die Tiere zu verstehen und echte Bilder zu machen. Die Zeit, die im unmittelbaren Kontakt verbracht wird, macht die Geschichte aus.

„Neulich haben wir eine Gepardin mit einem Jungen begleitet. Nachdem wir so viel Zeit mit ihnen verbracht hatten, kam sie eines Nachts an das Auto, ließ ihr Junges dort und ging jagen. Eine solche Erfahrung macht man nicht, wenn man innerhalb von wenigen Stunden rein und wieder raus geht.“

Einer der größten Fehler, die Menschen machen, wenn sie zum ersten Mal auf Fotosafari gehen, ist, dass sie nicht genug Geduld aufbringen oder aufbringen können, um ausreichend Zeit mit den Tieren zu verbringen. Er sagt: „Man sollte immer daran denken, dass man nicht überall zugleich sein kann. Es gehört dazu, genau auszuwählen, was man fotografieren möchte. Wenn man den ganzen Tag herumläuft, kann man zwar ein paar nette Aufnahmen machen, aber kein Verhalten beobachten – und darauf kommt es in Wirklichkeit an.“

Wenn man nicht auswählt, kommt man mit Tausenden von Bildern von einem Shooting zurück, die alle gleich aussehen. „Vor allem bei der ersten Safari ist es verständlich, dass man alles fotografieren möchte. Aber ab dem dritten oder vierten Tag sollte man intelligenter vorgehen.“ Und er fügt hinzu: „Bevor man auf den Auslöser drückt, sollte man sich fragen: ‚Ist das ein Foto wert? Oder möchte ich diesen Moment für mich behalten?‘ Es gibt drei Faktoren, die zusammenpassen müssen: Komposition, Licht und die Geschichte, die ich erzähle. Andernfalls mache ich das Foto nicht.“

Chris Schmid Sony α 7RII Neugeborenes versteckt sich hinter seiner Mutter, Tansania

© Chris Schmid | Sony α7R III + 100-400mm f/4.5 - 5.6 GM OSS | 1/1000s @ f/5.6, ISO 640

Verursacht es Probleme, so nah bei den Tieren zu arbeiten? Beeinflusst es ihr Verhalten? Sind die Bilder dadurch eventuell weniger ehrlich? „Das glaube ich nicht“, meint Chris. „Ich bin respektvoll und versuche nicht, zu nah heranzugehen und einen Kontakt zu erzwingen, wie es einige Fotografen tun. Ich bin ein Beobachter. Ich möchte mich nicht einmischen. Wir sind nicht hier, um ihr Leben direkt zu verändern, sondern nur über die Bilder, und wir möchten sie in ihrem Verhalten nicht stören.“

Chris hat einen Stil entwickelt, bei dem er sich von seinen Motiven distanziert. So kann er die Tiere natürlicher in ihrer Umgebung fotografieren und sie in ihrem angestammten Lebensraum zeigen. Erwartungsgemäß muss man in der Tierfotografie, wenn man den Tieren Raum lassen möchte, normalerweise mit Objektiven mit größerer Brennweite arbeiten. Zusammen mit seiner Sony α7R III und α9 verwendet Chris meist ein SAL 500 mm f/4 G SSM und möchte demnächst auch das neue FE 400 mm f/2,8 GM nutzen.

„Siebzig Prozent meiner Aufnahmen mache ich mit einem 500 mm-Objektiv, aber ich verwende auch das FE 100-400 GM f/4,5-5,6 OSS, das FE 70-200 mm f/2,8 GM OSS und das FE 24-105 mm f/4 G OSS, wenn ich mehr Flexibilität brauche oder wenn die Tiere näher kommen.“

Wie man an den Fotos von Chris sieht, bedeuten die Brennweiten von Teleobjektiven nicht zwangsläufig, dass die Umgebung in den Hintergrund rückt oder verschwimmt. Die Arbeit mit einem Teleobjektiv kann sogar dabei helfen, in Ebenen mit karger Landschaft, etwa in der Serengeti, Szenen im Stil der Landschaftsfotografie zu kreieren.

Chris Schmid Sony α 7RII Löwe in Sambia schaut majestätisch in den Dschungel

© Chris Schmid | Sony α7R II + 500mm f/4 G SSM | 1/500s @ f/4.0, ISO 640

Bei der Tierfotografie ist es genau wie bei der Landschaftsfotografie: Es kommt vor allem auf eine gute Positionierung an. Nur geht es eben nicht um das Licht, sondern darum, eine gute Position zu finden, um auf das Tier zu warten. Ein guter Guide ist dabei unverzichtbar. „Wir waren in Sambia“, erklärt Chris, „und haben Löwen fotografiert. Dabei haben wir ein männliches Tier auf seinem Streifzug durch den Wald begleitet. Wenn man ihr Verhalten kennt, weiß man, wo sie hingehen, und kann sich in Position bringen und bereit machen. Man braucht immer noch Glück, aber es ist unmöglich, solche Fotos zu machen, wenn man ihnen im Auto hinterherjagt.“

Chris Schmid Sony α 9 Silhouetten von Löwen am Black Rock in der Masai Mara

© Chris Schmid | Sony α9 + 100-400mm f/4.5 - 5.6 GM OSS | 1/400s @ f/5.6, ISO 3200

Dasselbe, so Chris, gelte auch für das Foto, das er in der Masai Mara aufgenommen hat. „Das hier ist Black Rock, wo man früh morgens Löwen beim Spielen sieht. Das funktioniert am besten, wenn die Sonne hinter dem Felsen steht. So werden die Löwin und ihre Jungen von hinten beleuchtet und werfen Schatten. Man muss sich bereit machen und warten. Wenn es nicht funktioniert … auch gut. Es ist immer ein Glücksspiel, aber wenn man nicht da ist, verpasst man die Aufnahme in 100 % aller Fälle.“

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Chris Schmid

Chris Schmid | Switzerland

„Bilder haben Macht. Eine einzige Aufnahme kann eine Emotion festhalten oder ein inneres Gefühl hervorrufen.“

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